Urteilsbesprechung: Stockwerkeigentum

Das Bundesgericht hat sich in einem neuen Leitentscheid im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gemeinschaftspfandrechts erstmals zur Berechnung der Dreijahresfrist geäussert (Urteil des Bundesgerichts 5A_357/2022).
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Gemäss Art. 712i Abs. 1 ZGB hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen Anspruch gegenüber jedem jeweiligen Stockwerkeigentümer auf Errichtung eines Pfandrechts an dessen Anteil. Bis anhin wurden für die Berechnung der Dreijahresfrist in der Doktrin und der kantonalen Rechtsprechung sowohl hinsichtlich des Anfangs- als auch des Endzeitpunkts der gesetzlichen Frist zwei divergierende Meinungen vertreten.

Das Bundesgericht veranschaulichte diese unterschiedlichen Berechnungsarten der Dreijahresfrist anhand eines einfachen Beispiels: Eine Beitragsforderung wurde am 30. September 2020 fällig, während das Rechnungsjahr vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 dauerte. Würde der ersten Lehrmeinung gefolgt, so könnte das Gemeinschaftspfandrecht für die fragliche Beitragsforderung frühestens am 1. Juli 2021 (nach Abschluss des Rechnungsjahres) verlangt werden und müsste spätestens am 30. Juni 2024 im Grundbuch eingetragen sein, weil dies der letzte Zeitpunkt ist, in dem die Beitragsforderung noch eines der letzten drei abgeschlossenen Rechnungsjahre betrifft. Demgegenüber müsste das Begehren um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts in Anwendung der zweiten Berechnungsweise spätestens am 30. September 2023, d.h. spätestens drei Jahre nach Fälligkeit der Beitragsforderung (30. September 2020) gestellt werden.

Das Bundesgericht folgt in seinem Urteil der zweiten Berechnungsweise, welche die Pfandbelastung auf drei Jahresbeiträge beschränkt und eine darüberhinausgehende ausschliesst. Der Erwerber einer Stockwerkeigentumseinheit muss zwar – so das Bundesgericht – damit rechnen, dass sein Grundstück mit einem Pfandrecht für offene Beiträge seines Vorgängers belastet wird, allerdings nicht damit, dass diese Last mehr als drei Jahresbeiträge umfassen kann. Damit ist die Dreijahresfrist durch Rückrechnung ab Stellung des Begehrens um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts im Grundbuch zu berechnen, wobei es beim Anfangszeitpunkt einzig auf die Fälligkeit aus der Beitragsforderung ankommt. Diese Meinung hat auch unser Partner, Dr. iur Cornelio Zgraggen, in seiner Dissertation vertreten (vgl. Zgraggen, Kostenverteilung und Haftung für Beiträge im Stockwerkeigentum, 2020, Rz. 1292).

Alsdann hat sich das Bundesgericht mit der Frage auseinandergesetzt, wie es sich in Bezug auf die Beitragspflicht einzelner Stockwerkeigentümer an die gemeinschaftlichen Kosten verhält, wenn deren Stockwerkeinheiten zwar begründet, jedoch baulich nicht realisiert worden sind. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass es nicht gegen die relative Gleichbehandlung verstossen würde, wenn in einem solchen Fall die Stockwerkeigentümer der nicht realisierten Einheiten von der Beitragspflicht ausgenommen werden. Alsdann sei es auch nicht widersprüchlich, wenn diese Stockwerkeigentümer gleichzeitig weiterhin stimmberechtigt seien. Das Stimmrecht sei auch im Stockwerkeigentum unantastbar.

Als ausgewiesene Experten im Bereich des Stockwerkeigentums stehen wir Ihnen bei Ihren Anliegen beratend und unterstützend zur Seite, insbesondere bei der Begründung von Stockwerkeigentum, Fragen im Zusammenhang mit der Kostenverteilung sowie bei Anfechtung von Beschlüssen.

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